Um dem musikgeschichtlichen Stellenwert des siebten Kindes der Familie Joseph Jackson gerecht zu werden, kann man entweder brav chronologisch Edelmetall-Auszeichnungen auflisten oder den absoluten Höhepunkt seines Schaffens mit einem Superlativ auf den Punkt bringen: Thriller. 1982: Michael Jackson ist junge 23 und bereits ein Superstar. Drei Jahre zuvor schlug sein Debut “Off The Wall” bereits kometenhaft ein und schien mit knapp zehn Millionen verkauften Einheiten kommerziell unschlagbar. Vergleiche: Als 20-jähriger verdiente sich Jacko nicht etwa mit Weichspülerlyrics Marke “Quit Playing Games” dumm und dämlich, sondern hatte Titel wie “Rock With You” im Repertoire. Yeah!
Zurück zu “Thriller”: Zusammen mit Produzentenlegende Quincy Jones (Frank Sinatra) gelang das Unfassliche. 43 Minuten pralle Tanzflächenhypnotik voll schwarzem Soul, beharrlichem Funk und massig Vokalsex (“Oooh, Aahh, Yeah, C’mon”). Michael war am Ziel, der unumstrittene King of Pop.
Für die Amis geschlagene neun Monate; solange führte das Album die Charts an! Die Schwestern La Toya und Janet sangen damals noch brav background vocals und Eddie Van Halen spendete das Gitarrensolo für “Beat It”. Das Resultat verkaufte sich allein in den Staaten 25 Mio. Mal (vgl. Bad: 8 Mio. – Dangerous: 6 Mio.)
Nebenbei kultivierte Jackson mit dem Videoclip zum Track “Thriller” bei seinen Fans klassische Friedhofsängste in Form eines Mini-Musikfilms, ein Genre, das maßgeblich durch ihn Gestalt annahm. Vielleicht würde MTV auch heute noch ausschließlich Heavy Metal-Clips zeigen, hätte Michael damals nicht mit den “Thriller”-Singles bewiesen, dass auch R’n’B-Pop visuell aufregend und massenkompatibel umzusetzen ist.
1984 und 1985 musste Michael notgedrungen schöpferisch pausieren, da er praktisch jedes Wochenende zu einer Award-Verleihung düste. Die Single “We Are The World” knallte noch rein und dann wurde es langsam “Bad”: Gut, das Album und die Tour verliefen im gewohnten Ausmaß, seine Songs knallten auf Eins und Lady Di echauffierte sich über “Dirty Diana”.
Doch wer einmal “Thriller” aufnimmt, darf sich nicht wundern, wenn der Glanz alter Tage irgendwann erlischt. In den 90ern nannte er sich zwar nostalgisch “King of Pop”, in die Schlagzeilen kam er allerdings häufiger durch Promo-Hochzeitsgezeter und Anschuldigungen wegen sexuellen Missbrauchs. Leute die ihn kennen, halten diese Vorwürfe für absurd. Fest steht aber, dass nicht nur eine Menge Legenden gesponnen werden, sondern Michael Jackson tatsächlich mitunter ein wenig die Bodenhaftung verloren hat. “Er lebt in einer Traumwelt” sagt Quincy Jones, der es wissen muss.
Wie Michael überhaupt so weit kommen konnte? Weil Vater Joseph, der, seines kargen Lohnerwerbs als Stahlarbeiter überdrüssig, sich flugs zum Talentscout umschulte, und seine fünf pausbäckigen Söhne mit despotischer Strenge zu verteufeltem Boygroup-Erfolg prügelte.
“Jackson Five” hieß der Kindertraum, dem auch der junge Michael angehörte. Und das in einem Alter, in dem Gleichaltrige eher damit beschäftigt sind, die Sandburgen des Nachbarjungen zu zertrümmern.
Doch bald schälte sich Michael dank Baby-Moonwalk und vokaler Vielschichtigkeit aus der familiären Hitfabrik heraus und ging eigene Wege. Den Rest kennt ihr ja.